Es hat sich lange gar nicht so unfrei angefühlt. Warum mich meine Mutter vor vielen Jahren im Heim abgegeben hatte, konnte ich kopfmäßig total gut verstehen und habe es mir immer wieder erklärt, wenn da so eine gewisse Traurigkeit, manchmal auch Bitterkeit oder das Bedürfnis ganz klare Worte mit ihr zu sprechen, kam. Bis mir irgendwann jemand sagte, ich solle ihr das vergeben. Ich dachte, was soll ich da vergeben, sie hat sich doch nie bei mir entschuldigt. Aber es gab den ersten Anstoß darüber nachzudenken, was Vergebung ist, was es bedeutet, ob es „funktioniert“. Und  über all die Jahre ging das nur schrittweise und begann aber mit der Entscheidung mich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Ein wichtiger Impuls war auch mal von jemandem, dass Jesus am Kreuz auch denen vergibt, die nicht wissen was sie tun. Die sich nicht entschuldigt haben dafür, wie sie Jesus behandelt haben. Heute saß ich im Gottesdienst beim Abendmahl und spüre, dass die Vergebung mich frei gemacht hat!!! Ich trage meinen Eltern nichts nach, habe nicht mehr das Bedürfnis, Dinge zu klären (ginge auch nicht mehr) und fühle keinen schalen Geschmack von Bitterkeit im Mund. Und seitdem ich diese Erfahrung gemacht habe, versuche ich alle Verletzungen zu vergeben. Das kann echt lange bei mir dauern, aber mein Leben besteht schon immer aus dem Weg. Vergebung ist in Bewegung und beginnt, aber wie alles andere auch, mit dem ersten Schritt. Und wie viele Schritte folgen, ist sehr, sehr unterschiedlich. Heute bin ich so dankbar, dass ich erlebt habe, dass Vergebung gehen kann ohne, dass man das Gefühl hat den Kürzeren zu ziehen.

20160203_150508.jpg

Wer nachtragend ist, hat viel zu schleppen.