20151229_113728.jpgIch hatte mir alles so schön ausgemalt in meinem Kopf, in meiner Phantasie mit bunten Farben, warmen Worten, familiärer Romantik. Der 29.12. sollte diesmal besonders gefeiert werden. Wir sind sonst nicht so die Valentinstag-, Jahrestag-  und Hochzeitstagfeierer, aber der 14. Hochzeitstag war mir dieses Jahr irgendwie wichtig. Ich wollte ihn richtig schön zelebrieren. Das ist meine Phantasie. Die Realität? Mein Mann war am Tag vorher den ganzen Tag weg gewesen, spürt unheimlichen Druck arbeitstechnisch und war so gar nicht in Feierlaune. Mein spontan geplanter Ausflug fiel damit aus. Beim Spaziergang mit den Kindern war meine Jüngste ziemlich unausgeglichen, genauso wie beim Mittagessen. Eher untypisch, aber heute eben. Zudem gab es die ganz normalen Reibereien des Alltags und meine heute-soll-ein-besonders-schöner-Tag-Laune wich dem Wunsch einfach auf gute Art und Weise den Tag heute zu überstehen. Weil ich in meiner Phantasie wahnsinnig strukturiert und ordentlich bin, wollte ich gegen 16. 30 Uhr die Karten für eine Oper einpacken, die mir meine Freundin zum Geburtstag geschenkt hatte, weil ihre Tochter, mein Patenkind, darin mitsingt und spielt. Ich habe mich so auf diesen Abend gefreut und hatte mich damit getröstet: ein Highlight kommt noch an meinem Hochzeitstag-die Oper. Realität: die Karten waren nicht da wo ich dachte, dass sie sind. Nach einer 3/4 h hatte ich mehrere Sachen gefunden, die Eintrittskarten waren nicht dabei. Nach einer Stunde informierte ich schon ziemlich den Tränen nahe meinen Mann. Und hier beginnt mein Hochzeitstag. Kein dummer Spruch, kein: wieso legst du sie nicht da und da hin. kein: immer das gleiche. Nein, er hilft mir einfach suchen. Wir finden sie auch gemeinsam nicht. Jetzt sind meine Augen gefährlich wässrig und sein Vorschlag: meine Freundin anrufen. Das kann ich nicht. Gefühlt kann ich ihr nie mehr unter die Augen treten. Ohne ein weiteres Wort, ohne Vorwurf ruft er sie an und im Theater und kommt mit der guten Nachricht: Wir bekommen Ersatzkarten. Bin ich froh und spät dran. Denn wir sollen rechtzeitig da sein, wegen der Ersatzkarten. Phantasie: ausgiebige Badaktion, weil mir ein bisschen aufbrezeln Spaß macht. Realität? In einer 1/4 h gebe ich meiner Mutter letzte Infos fürs Zubettbringen der Kinder, tröste meine eine Tochter, die gehofft hatte wir finden die Karten nicht, weil sie nicht will, dass wir fahren. Lege die Schlafanzüge für die Kinder bereit, suche mit der anderen Tochter noch das wichtigste Kuscheltier und benutze nur kurz einen Lippenstift. Wir verlassen zu spät das Haus, das Auto parkt weit weg, weil kein Anwohnerparkplatz mehr frei war. Den rechten Seitenspiegel habe ich vor ein paar Tagen abgefahren, nun hängt ein Zettel am Auto. Irgendjemand hat den linken Spiegel abgefahren. Wir steigen ins Auto und ich muss lachen und mein Mann ärgert sich nicht, lacht mit und ich sitze da und denke: Das ist mein echtes Leben, real life. Es hat nichts mit meinen Vorstellungen zu tun, aber ich stelle wieder fest. Ich bin dankbar, dass ich es mit diesem Mann lebe. Denn er kann über einen so verrückten Tag lachen und sagt nur: „Bin ich froh, dass ich den rechten Spiegel nicht bestellt habe. Morgen bestelle ich sie für beide Seiten.“ Und wir hatten einen richtig schönen Abend. Wir sind nicht traumhaft, aber ein dreamteam. Auf unsere ganz eigene Art und Weise. Und dafür bin ich heute sooo dankbar.20151229_195639