Mit einer Gruppe von älteren Frauen und zwei Männern ( es ist echt etwas anderes eine Statistik zu lesen oder die gelebte Realität zu sehen, denn die meisten sind Witwen) habe ich über einen Bibelvers nachgedacht. Der Vers kam mir deshalb, weil ich ihn bei zwei unterschiedlichen Frauen auf unterschiedliche Art und Weise gelebt wahrnehme und die eine von beiden für mich zur gelebten Inspiration und Vorbild wurde.
Beide Frauen lesen regelmäßig in der Bibel und das schon seit Jahrzehnten.(Es ist mir wichtig, dass ich kein Urteil fällen möchte, sondern Beobachtungen teile.) Die eine von beiden zitiert immer mal wieder einen Vers aus der Bibel, z.B.: „Liebe deinen Nächten wie dich selbst.“ Und denkt dann darüber nach, ob die Menschen in ihrer Umgebung diesen Vers leben. Ihre Töchter, ihre Enkel. Dabei fällt ihr oft ein, was diese nicht für sie tun, wo sie zu spät kamen oder scheinbar nur ihr Geld wollen. Auch andere Verse kennt sie gut, aber in unseren Gesprächen nimmt sie diese nicht für sich selbst zur Reflexion, zum Nachdenken, sondern überlegt für wen dieser Vers in ihrem Umfeld wichtig sein könnte. Dadurch entsteht eine eher schwierige Atmosphäre.
Die zweite Frau hat auch diesen Vers in einem Gespräch zitiert und meinte: „Wissen Sie, Schwester Lissy, den Vers kenne ich schon so lange, aber ich habe nie aufgehört darüber nachzudenken, wie ich Menschen zeigen kann, dass ich sie liebe. Nur weil ich alt bin, heißt das ja nicht, dass ich nichts mehr zu geben habe,“ sagt sie und lächelt. Sie hat viel zu geben, zuallererst ihre Ausstrahlung, die freundlich und zugewandt ist, die Atmosphäre in der man sich in ihrer Gegenwart bewegt. Nicht urteilend, kritisierend und richtend, sondern freundlich und zugewandt, interessiert und rücksichtsvoll.
Für diese Frau und die Begegnung mit ihr bin ich so dankbar. Mittlerweile ist sie verstorben, aber sie hat liebevolle Spuren hinterlassen in ihrer Umgebung – unter anderem auch bei mir. Sie ist mir Inspiration und Vorbild, weil sie in der Beziehung mit Jesus seine Worte für sich persönlich nimmt, nicht nur die angenehmen und ermutigenden, sondern auch die, die herausfordern und das eigene Verhalten kritisch hinterfragen…