Heute war der erste Tag an dem all meine Mädels in der Schule und im Kindergarten waren. Nun ist es so, dass als ich noch allein wohnte, als ich dann verheiratet war und auch noch als meine Kinder sehr klein waren, Hausarbeit genau das war: Arbeit. Unangenehme, auf To-do-Listen auftauchende Punkte, die nach langem Herausschieben unwillig erledigt werden mussten. Mittlerweile bin ich seit 12 Jahren Mama und bei mir ist es nicht immer total sauber und aufgeräumt, aber an einem Mittwochvormittag ohne meine Kinder greife ich zum Putzeimer, Lappen und Handschuhen, weil ich nun in Stille und Ruhe sehr stupide Arbeit machen kann, die sich durch die Stille und Ruhe nicht nach Arbeit anfühlt. Vorhänge herunter nehmen, Wäsche aufhängen und bügeln und dabei gehen die Gedanken ihre Wege und ich halte sie nicht auf. Beiße mich auch an keinem fest, sondern genieße die Stille, die Ruhe und die Monotonie meiner Tätigkeit. Ich liebe das. Irgendwann habe ich Lust auf einen Input und weil mir immer wieder Zitate von Marc Aurel in die Hände fallen, google ich ein bisschen und stoße auf ein Hörbuch von ihm: „Selbstbetrachtungen“. Kopfhörer auf und lauschen. Er beginnt sein Buch mit Aufzählungen. Nicht die unterschiedlichen Stationen seines Lebens oder Dinge, die er in seinem Leben erreicht hat, sondern Menschen. Die ersten (Hörbuch) Seiten sind mit all den Menschen gefüllt, die sein Leben begleitet haben oder begleiten und was er von ihnen gelernt hat. „Mein Großvater Verus gab mir das Beispiel der Milde und Gelassenheit, mein Vater hatte einen bescheidenen Charakter, worin ich ihm nacheiferte, meine Mutter war mir durch ihre Frömmigkeit und Wohltätigkeit ein Vorbild, meine Erzieher lehrten mich Anstrengungen zu ertragen, mit Wenigem zufrieden zu sein, selbst die Hand ans Werk zu legen, mich nicht in die Angelegenheiten anderer zu mischen …“ So tauchen unzählige Namen auf und er zählt auf was er sich zum Vorbild nahm und welche Eigenschaften er schätzte. Und während ich so höre ermutigt mich dieses Buch: wie viele kritische Bemerkungen kommen über die Lippen über andere, wie schnell ist ein Urteil gesprochen, Dinge gesagt, die nicht wertschätzend sind? Auf meiner Reise der Dankbarkeit ist das eine unglaubliche Bereicherung, dass ich nach dem Ausschau halte, wofür ich bei einer Person dankbar bin. Es gibt viele Menschen, bei denen muss ich mir das nicht groß überlegen, weil ich mich mit ihnen so verbunden fühle. Aber es gibt auch die, die mir schwer fallen. In meiner Umgebung gibt es eine Person, die schätze ich so sehr für ihr Wissen, ihre Fachkompetenz, andere Dinge fallen mir an ihr eher schwer. Dankbarkeit schenkt mir, dass ich immer wieder den Fokus auf das lenke was ich an ihr schätze und würde ich eine Aufzählung wie Marc Aurel machen, dann würde sie darin vorkommen, weil ihr Wissen und ihr ständiges Bestreben nach Neuem und Dazulernen mich sehr faszinieren und motivieren und mir das ein großes Vorbild ist. Dankbarkeit verändert meinen Blick auf Menschen, ganz unbewusst. Das schätze ich sehr, dafür bin ich dankbar, denn sie zeigt mir, dass ich um mich herum viele wunderbare Eigenschaften wahrnehme, die mir zur Inspiration werden können…unabhängig von Sympathie und Antipathie. Vielleicht nicht ganz unabhängig davon, aber es ist eine Entwicklung spürbar. Für die Stille und Ruhe, meine monotone Hausarbeit, das Hörbuch und viele Menschen von denen ich lernen kann bin ich an diesem Mittwochvormittag sehr dankbar.