Sehr lange habe ich mich für Politik nicht interessiert. Das Gefühl war zu groß, dass ich sowieso nichts verändern, ausrichten oder bewirken kann. In meiner Umgebung fehlte es an Menschen oder ich habe sie nicht gesucht, die ein Anliegen hatten, politisch interessiert und engagiert und dann noch angenehm im Umgang. Denn hin und wieder begegnete ich schon Menschen mit politischen Anliegen, aber die standen dann so im Gegensatz zu meinen Vorstellungen oder wurden so vehement vertreten, dass Politik unangenehm und für mich nicht von Bedeutung war. Das änderte sich erst als ich heiratete und mit der Hochzeit auch eine Tageszeitung in mein Zuhause kam. Mit meinem Mann schaue ich fast keine Filme, sondern wenn er mal abends zu Hause ist und wir gemeinsam etwas anschauen, dann will er Diskussionsrunden, Sonderberichte oder Reportagen sehen. Deshalb hat es mich nicht überrascht, dass er für move on (Jugendkreis) bei uns zu Hause vor den Landtagswahlen einen Politiker einlud, der an den Plakaten hängt und heute Abend in meinem Wohnzimmer saß. Kein Wahlkampf soll hier stattfinden, sondern Interesse an Politik geweckt werden. An diesen Abend hatte ich keine besonderen Erwartungen, aber ich bin dankbar. Auf den Plakaten sieht man ein Gesicht, jetzt „kennt“ man dazu die Person. Ein Familienvater, ein Ehemann, ein Berufstätiger, ein Mensch-menschlich um Entscheidungen ringend, Fehler machend, Veränderungen bewirkend. Politik wurde heute sehr nahbar. Das hat mir gefallen. Es ging weniger um seine Partei, sondern eher um die Ermutigung Verantwortung in unserer Gesellschaft zu übernehmen. Interesse an politischen Themen zu wecken. Selber nachzudenken. Selber aktiv zu werden.
nahbar
07 Montag Mrz 2016
Posted in Dankbarkeitsmomente
Da war es wieder. Eine ungeplante Situation, die mich mit mir selbst konfrontiert. Ich hab eine Meinung zu einem bestimmten Thema und irgendwie komme ich mit einem Freund darauf zu sprechen, als wir beide unsere Kinder in die Kinderbetreuung während des Gottesdienstes bringen. Und wenn ich eine Meinung habe, dann begleitet mich ein bestimmtes Auftreten. Eine gewisse Überzeugung, die es meinem Gegenüber nicht ganz einfach macht mit mir zu diskutieren. Leider merke ich meistens erst zu spät, dass ich jetzt gar nicht weiß, was der andere dazu denkt, weil nur ich geredet habe. Heute Morgen wäre es fast wieder so gewesen. Aber mein Gesprächspartner erläutert seine Meinung und ich bin ehrlich überrascht, dass wir unterschiedlicher Meinung sind. Aber im Zuhören kann ich seinen Standpunkt verstehen und mein Horizont wird wieder etwas erweitert. Ich muss immer und immer und immer wieder lernen zuzuhören. Zu versuchen zu verstehen. Nur weil ich etwas schlecht finde, heißt das noch lange nicht, dass andere das auch schlecht finden. Nur, weil ich mit etwas nicht einverstanden bin, heißt das noch lange nicht, dass andere damit auch nicht einverstanden sind. Nur weil ich etwas kritisch finde, heißt das noch lange nicht, dass andere das auch kritisch finden. Heute bin ich sehr dankbar für dieses kurze Gespräch, dass mir wieder einmal geholfen hat. Es wird immer mein Thema bleiben, dass mir zuhören und verstehen schwerer fällt als reden. Um so dankbarer bin ich für Situationen wie heute, die mich daran erinnern und mich lehren. Das größte Kommunikationsproblem ist, dass wir nicht zuhören um zu verstehen. Wir hören zu um zu antworten. Ich bleibe eine Lernende…
Eigentlich hatte ich heute einen Tagesausflug mit meinen Töchtern geplant, aber meine Tochter war nicht so fit, deshalb kam spontan nur Besuch zum Mittagessen. Mein Mann lud zwei Leute aus Syrien ein. Die beiden kannte ich noch nicht. Und so kam der 21 jährige junge Mann mit seiner 19 jährigen Schwester. Und was soll ich sagen: ich bin begeistert. Warum? Weil der so gut deutsch spricht nach 5 Monaten, dass ich das Gefühl habe, bei ihm könnte die Integration wirklich funktionieren. Versteht mich bitte nicht falsch. Aber ich erlebe in letzter Zeit mehrere Menschen, die aus den unterschiedlichsten Ländern, Kulturen und Leben hierher gekommen sind. Und die, die ich sehr nah erleben darf, sind einfach oft unter sich. Sie leben mit denen zusammen, die ihre Kultur, ihr Land, ihrem Leben am nächsten sind. Und ich verstehe das total. Mir würde es wahrscheinlich nicht anders gehen. Deshalb ist mir der junge Mann heute eine solche Ermutigung. Die ersten 3 Monate hat er einfach viele Bücher gelesen und sich die deutsche Sprache selber beigebracht. Seit 2 Monaten bekommt er 1 mal wöchentlich Unterstützung. Und als ihm etwas herunter fiel und ich es aufwischen wollte, hielt er kurz meinen Arm und sagte: „Nicht wegmachen. Sag mir erst wie man das bezeichnet, was gerade passiert ist.“ Also: >Dir ist etwas herunter gefallen. Mir kann etwas herunter fallen. Gestern fiel mir etwas herunter.< Mir wurde mal wieder bewusst, wie schwierig unsere Sprache ist. Ein anderer unbegleiteter junger Mann aus Pakistan, den wir manchmal treffen, ist jetzt innerhalb seiner WG umgezogen. Auf eigenen Wunsch wollte er nicht mehr mit seinen Landsleuten im Zimmer schlafen, weil sie immer in ihrer Muttersprache miteinander reden. Er teilt sich jetzt ein Zimmer mit einem Albaner. Das was sie verbindet ist die deutsche Sprache und die sind beide fleißig am lernen. Ich bin heute dankbar für diese ermutigende Begegnung. Denn ich wünsche mir sehr, dass sich die Menschen, die zu uns nach Deutschland kommen wohl fühlen. Aber wohl fühlt man sich vor allem da, wo man versteht und verstanden wird.
Manchmal überlege ich, ob jeder Mensch mit einem natürlichen Selbstvertrauen geboren wird. Einem natürlichen unbewussten Bewusstsein für sich selbst, mit einem gesunden Selbstbewusstsein. Und auf dem Weg vom Baby zum Erwachsenen geht uns das verloren. Wir stoßen an Grenzen, die Grenzen sind, weil es Begrenzungen gibt durch Normen, Richtlinien, Statistiken…Und immer wieder stoßen wir uns daran und ein Stück Selbstvertrauen und ein Stück Selbstbewusstsein bröckeln ab. Ich lerne als Mama – für mich selbst und für meine Kinder, dass Normen, Richtlinien und Statistiken eine Orientierung sein können, aber nicht um jeden Preis erreicht werden müssen. Das wurde mir durch die schöne Situation, die ich mit einer meiner Töchter heute (2.3.) erlebt habe, sehr bewusst. Ich lerne zu stehen, hin zu stehen, gerade zu stehen – zu mir selbst und zu meinen Kindern, ihren Gaben, Fertigkeiten und Fähigkeiten. Ich lerne weniger zu vergleichen. Denn jedes Kind hat seine Gaben, Fertigkeiten und Fähigkeiten. Manche davon tauchen in unseren Normen, Richtlinien und Statistiken nicht auf, weil sie ganz einfach nicht messbar sind. Und es gibt vieles, was mir in meinem Mamasein wichtig ist. Eines davon ist, dass möglichst wenig natürliches Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein in der Kindheit abbröckelt. Deshalb muss ich mir immer wieder bewusst machen zu meinem Kind zu stehen. Es zu stärken und zu begleiten, wenn es in Berührung kommt mit Grenzen, die Grenzen sind, weil es versucht unausgesprochene Normen, Richtlinien und Statistiken zu erreichen. Was mir dabei hilft? Ich erreiche viele Richtlinien auch nicht. Aber rechts und links von dieser Linie ist es auch schön. Vor allem trifft man dort auf Menschen, die mit sich selbst gerne unterwegs sind und ihr wisst, das inspiriert mich…Heute bin ich dankbar, dass mir das sehr bewusst ist und ich darin eine Lernende bleibe.
Heute bin ich so unsicher, welches von den vielen Dankes ich schreiben soll. Aber weil ich gerade eine whats app zu dem einen Anlass bekommen habe, entscheide ich mich für dieses hier. Es gibt den Spruch: Celebrate the little things. Und eigentlich sind viele Dinge gar nicht klein, sondern groß. Aber weil sie so zu unserem Leben gehören, sind sie nicht mehr Anlass zum Feiern, sie sind normal geworden, selbstverständlich, unscheinbar. Julia (unsere Mitbewohnerin) kam auf die wunderbare Idee: Abi im Schuhkarton. Alle Leute, die so in unserem Umfeld das Abitur machen, haben einen Schuhkarton erhalten, den mehrere Leute mit allerlei Dingen gefüllt haben, die die Abizeit erträglicher machen soll. Eine tolle Idee. Und leider habe ich von den Kartons kein Foto gemacht. Es waren 8 Stück und in der Gestaltung wäre euch eines aufgefallen-alle im Mädchenstyle. Denn die 8 Leute sind 8 junge Frauen. Und weil ich gerade ein Buch lese und mit einer Familie im Kontakt bin in der das nicht selbstverständlich ist, feiere ich heute (neben all der Kritik, die ich an unserem Schulsystem habe) die Tatsache, dass Frauen in Deutschland um Bildung nicht betteln müssen. Ich denke, keiner der Eltern hat zu den Töchtern gesagt: „Nein, wir wollen nicht, dass du Abitur machst. Wir wollen, dass du früh heiratest und für den Herd brauchst du kein Abitur.“ Keine von ihnen muss darum kämpfen, sich unter einem Vorwand aus dem Haus schleichen, um in die Schule gehen zu können. Wir Frauen und unsere Töchter haben so viele Möglichkeiten. Es ist wunderbar! Vielleicht bin ich davon immer wieder so bewegt, weil ich Nachrichten lese, die davon sprechen, wie viele Analphabeten es gibt und wie viele davon Frauen sind. Vielleicht, weil ich es interessant finde, wie Frauen in anderen Kulturen leben und von manchem echt getroffen bin. Vielleicht, weil ich selbst eine Frau bin. Vielleicht, weil ich 3 Töchter habe. Aber als ich vor diesen gepackten Schuhkartons stand hat es mich wieder so dankbar gemacht. Danke, dass ich hier leben und meine Töchter großziehen darf!!!
Das Wochenende liegt hinter mir, hinter uns. Und ich bin für diese gesamte Zeit so dankbar. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass meine Jüngste knapp 2 1/2 Jahre ist, ich nicht noch ein Baby habe oder schwanger bin, wie bei den anderen beiden und das Gefühl habe: es kehrt Kraft zurück. Vor nicht all zu langer Zeit stand ich Wochenenden sehr negativ gegenüber, wenn ich wusste, dass mein Mann weg sein würde. Er arbeitet zwar auch an den Wochenenden, aber er kommt zum Essen heim und er ist erreichbar. In seinen weg-sein-Zeiten war ich oft genervt und frustriert. Dieses Wochenende war er auch weg und: ladiestime. Ich habe es so mit meinen Mädels genossen. Wir haben es uns schön gemacht. Ich war so dankbar, dass ich am Samstag von einer befreundeten Familie das Auto leihen konnte und wir unterwegs waren. Viele liebe Leute treffen. Ihr dürft jetzt nicht denken, ich war dauerhaft gut gelaunt und hüpfe trällernd durch die Wohnung. Aber meine innere Bereitschaft hat sich verändert. Das was ich nicht ändern kann annehmen und dann versuchen für mich so gut wie es geht zu gestalten. Ich habe mir sofort Vorwürfe gemacht, dass ich das nicht eher schon in mir versucht habe zu verändern. Aber ich muss sagen: es ist eine andere Zeit, eine neue Zeit. Meine Kinder sind noch nicht groß, aber größer. Im Auto kann mir selbst meine 2 jährige verklickern, dass sie Hunger hat ohne einfach nur zu weinen. Dieses hilflose Weinen von meinen Babys hat mich auch immer ganz hilflos gemacht. Ein volles schönes Wochenende liegt hinter mir, für das ich sehr dankbar bin. Es war ladiestime. Es war schön.
Heute bin ich dankbar, ja das klingt komisch, fürs Nachdenken. Ich mag das, wenn es über meinen Tellerrand hinaus geht, wenn ich (und alles waren nur super kurze Begegnungen) durch andere ins Nachdenken gebracht werde und dann in meinem Alltag auf andere Gedanken komme und das alltägliche Leben wieder an Wert gewinnt.

Eines schätze ich sehr und bin jedes Mal gespannt, wenn ich bei einer Veranstaltung war, in der ich von meinen „Erfahrungen“ mit Dankbarkeit als Lebensstil erzählen darf. Ich bin gespannt, mit wem ich danach noch ins Gespräch komme. Denn ich lerne so gerne von anderen Menschen und rede deshalb auch so gerne mit anderen Menschen. Gestern hat sich spontan, schon beim Verabschieden ein kurzes Gespräch mit einer jungen Frau ergeben, dass mich heute noch nachdenken lässt, dankend nachdenken lässt. Denn ohne dass sie es weiß, hat sie mir wertvolle Impulse weitergegeben. Sie ist Studentin und hat eine Tochter. Und das schon ein paar Jahre. Sie erwähnt nicht mit einer Silbe, dass sie es schwerer hat, wie andere Studenten oder andere in ihrem Alter, die kein Kind haben. Sie wirkt fröhlich und motiviert und zielstrebig. Nach der Uni sorgt sie für ihre Tochter, kontrolliert Hausaufgaben, macht Ausflüge, organisiert den Kindergeburtstag, bringt ins Bett, spielt Spiele, prägt, erzieht, liebt ihr Kind. Wenn abends das Licht ausgeht holt sie ihre Unisachen noch einmal raus und lernt, jetzt, wenn ihre Tochter schon schläft. Es fasziniert, inspiriert und motiviert mich. Denn sie kann wahrscheinlich nicht auf jede ihrer eigenen Gefühlregungen Rücksicht nehmen. Durch manches muss sie einfach durch. Sonst hätte sie es sicher nicht schon bis hierher im Studium geschafft. Heute bin ich dankbar für ihren Mut, ihre Ausdauer, ihr Vorbild-ja, das ist sie für mich ein Vorbild, dass ich als kurzes Streiflicht erleben durfte. Und für diese Begegnung bin ich auch heute noch sehr dankbar!
Es hat mich heute so dankbar gemacht mit Katrin zu proben. Auch wenn ich nicht besonders musikalisch bin, kann ich Musik sehr genießen. Und Katrin ist so begabt!!! …und flexibel. „Kannst du da etwas leiser spielen? Ja da vielleicht ruhiger oder doch besser schneller?“ Und was macht sie? Sie lässt ihre Finger über die Tasten tanzen und zaubert eine Melodie, ohne Noten. Irgendwo in ihrem Kopf (oder wohnen diese Noten doch eher in ihrer Seele?) sind viele Melodien und diese hat sie heute heraus geholt. Ich finde das so schön. Und obwohl wir aufgeregt sind, konnten wir unsere Probe für Freitag genießen. Ich finde sie auch über ihr Klavierspiel hinaus so eine tolle Frau. Ich mag sie unheimlich gern als Mama im Umgang mit ihren Kindern. Sie hat ein anderes inneres Standing als Mama wie ich. Das tut mir gut, inspiriert mich, schenkt mir neue Blickwinkel… Die Zeit mit ihr heute war so wertvoll für mich!

Ich habe Freundinnen, die sind glücklich verheiratet und brauchten nie Unterstützung, Hilfe, Beratung. Heute habe ich endlich eine Dankeskarte geschrieben an ein Ehepaar, dass ich zufällig vor ein paar Wochen nach ca. 10 Jahren wieder getroffen habe. Vor ca. 14 Jahren saßen mein Mann und ich in unserer ersten gemeinsamen Wohnung am Küchentisch, sahen uns an und dachten: „Es war ein Fehler. Es war ein Fehler diesen Mann/Frau geheiratet zu haben. Es war ein Fehler nach jahrelanger Fernbeziehung zu glauben, dass unsere Liebe den Alltagstest besteht.“ Wir waren enttäuscht voneinander, von unserer Ehe, von unserm gemeinsamen Alltag. Mein Mann kam dann auf die Idee zu diesem Ehepaar zu gehen, dass schon lange verheiratet war, glücklich wirkte und bei ihnen Hilfe zu suchen. Eine der besten Entscheidungen unseres gemeinsamen Lebens. Wir redeten, hörten uns zu, weil sich gleich rechtfertigen in so einer Konstellation nicht drin ist. Und im Zuhören wuchs das Verständnis füreinander und auch die Liebe zueinander. Ich habe damals so viel gelernt, habe zum ersten Mal Themen wie Ursprungsfamilie und Prägung gehört. Wo kam ich her, wo kam mein Mann her und aus diesen Vergangenheiten brachte jeder von uns schon mal voll das Paket mit. Wie gehe ich in Wut mit dem anderen um? Ich musste lernen nicht alles auszusprechen, was ich so denke, wenn ich wütend und verletzt bin und das ist bis heute so, weil ich ausgesprochenes nicht mehr ungeschehen machen kann. Selbst wenn ich mich danach entschuldige. Ach, das waren ein paar sehr wertvolle Abende, die bis heute noch gute Auswirkungen in unsere Ehe haben. Und ich habe gelernt, dass ich mich nicht dafür schämen muss, wenn ich nicht mehr weiter komme, sondern, dass Hilflosigkeit eingestehen und Hilfe suchen so glücklich machen kann. Heute bin ich dankbar für das Ehepaar, dass uns unterstützt hat, dass wir uns damals nicht aufgegeben haben und auch in den Krisen danach nicht. Denn unsere Liebe ist auch für den Alltag gemacht.
Ca.770 000 unbearbeitete Flüchtlingsanträge liegen auf den Schreibtischen deutscher Behörden, meldet unsere Tageszeitung. In den Zeitungen und Nachrichten sieht man Menschen, wie sie kommen aus den Ländern, die sie einmal Heimat nannten, auf der Flucht in eine bessere Zukunft. Am 50.Geburtstag meiner Freundin hielt diese eine kleine Rede, gab uns Einblick in das was sie denkt: „Ich hoffe, dass wir uns nie an diese Flüchtlingsströme gewöhnen werden, sondern, dass sie in uns etwas bewegen, das uns in Bewegung setzt.“ Ich , ich ringe manchmal fast darum, dass ich mich an die Bilder gewöhne, dass sie in mir nichts in Bewegung setzen. Weil ich ein Zuhause habe, weil ich heute wieder alles an Lebensmitteln kaufen konnte, was wir brauchten und einen Schreibtischstuhl. Weil ich meine Familie um mich habe und mir nicht vorstellen kann, was eine Mutter empfindet, wenn sie ihre 16 jährige Tochter auf den Weg schickt in der Hoffnung, dass sie es besser haben wird. Ich will mich daran gewöhnen, weil ich manchmal angesichts der Bilder und Nachrichten hoffnungslos werde, es mich lähmt, Hilflosigkeit und Mutlosigkeit sich breit macht. Was kann ich für diese Menschen tun? Heute konnte ich den Zauberfaden (www.der-zauberfaden.de) besuchen. Eine Organisation, die Flüchtlingen eine Arbeit gibt, unterstützt wie und wo es nur geht. Zauberfaden…aus Reststoffen wird etwas Neues gefertigt. Perspektivlosigkeit in Zukunftsmusik verwandelt. Nein, der Zauberfaden kann nicht zaubern. Sie können nicht die Welt retten, obwohl die Initiatoren Sükriye Döker und Klaus Österle das bestimmt gerne täten. Aber während ich einen jungen Mann bei seiner Arbeit beobachte, höre ich leise Klänge, die er Kaugummi kauend vor sich hin summt. Sie sind mir fremd, erzählen von Geschichten, die ich nicht kenne, von Melodien, die ich noch nie gehört haben. Aber sie klingen hoffnungsvoll nach Zukunftsmusik. Zauberfaden bricht es für mich runter. Da sind nicht mehr Flüchtlingsströme, sondern Gesichter, Stimmen, Hände…jeder mit seiner ganz eigenen Geschichte. Es ist nicht mehr die Masse, sondern der Einzelne. Hier sind Einzelne, die für Einzelne den Unterschied machen. Vielleicht waren diese Hände auch einmal Teil eines Flüchtlingsstroms, einer scheinbar anonymen Masse, die sich aus Angst und mit Hoffnung auf den Weg gemacht hat. Ich bin so dankbar, dass ich diese Hände heute bei der Arbeit beobachten durfte, dankbar Zeuge seines Liedes zu sein und dankbar für Menschen, wie Sükriye, Klaus und viele ehrenamtliche Helfer, die einen Unterschied machen. Sie brauchen unsere Unterstützung…
Mich hat mal eine Bekannte gefragt, wo ich all die tollen Frauen kennen lernen würde, die mein Leben so bereichern. Ich glaube, dass ich ganz normale Frauen kenne. Frauen, die Stärken, Lebenserfahrung haben und Schwächen und Grenzen, so wie jeder Mensch. Aber ich konzentriere mich meistens auf das, was ich von dieser Frau lernen kann. Das sind nicht immer Freundinnen. Ich habe es auch nach jedem meiner Vorträge sehr geschätzt mit völlig fremden Menschen ins Gespräch zu kommen, weil es so viele tolle Menschen gibt, die nicht einfach nur Lebenserfahrungen machen, sondern die durch Reflektion und Auswertung an Weisheit gewinnen. Und von solchen Gesprächen profitiere ich dann. Heute waren meine Großen bei einem Faschingsnachmittag in einer anderen Gemeinde (Kirche) und mit meiner Kleinsten habe ich in der Zeit eine Freundin besucht. Und ich habe mich so auf diesen Nachmittag gefreut, weil sie auch schon viele Erfahrungen gesammelt, reflektiert und ausgewertet hat. Und ich habe das Gespräch mit ihr so genossen. Für ihre Weisheit und ihre Ermutigung heute bin ich sehr dankbar.