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Es gibt unter Christen die Tradition, dass über einem Jahr ein Bibelvers steht. Dieser Vers wird von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellese ausgewählt. Letztes Jahr hieß dieser Vers: >Gott spricht: Ich will euch trösten, wie eine Mutter ihr Kind tröstet.< Jesaja 66,13. An diesem Satz habe ich mich so gestört. Ich fand diesen Vergleich total überzogen, weil ich mich sofort konfrontiert sah mit den Unzulänglichkeiten, die ich als Mama oft empfinde. Mit dem Gefühl der Überforderung, wenn sich mein Kind nicht von mir trösten lässt, obwohl ich mir alle Mühe gebe. Aber mein Vorteil ist, dass ich so einen Vers nicht abstempel und beiseite lege, sondern genau das zu Gott sage: „Ich finde diesen Vers weder tröstlich noch passend. Du siehst doch wie oft ich als Mama versage.“ Und wenn mir Gott etwas zeigt, dann ist es oft leise, fast unauffällig, ich könnte es im Alltag auch übersehen und achtlos daran vorbei gehen…
Und so saß ich letztes Jahr im Eltern-Kind-Kreis, den ich mit 2 Freundinnen zu dem Zeitpunkt Woche für Woche machte. Im Raum ca. 12 Mamas und ihre kleinen Kinder. Auf dem Spielteppich saß das kleine Mädchen. Braune Haare, braune große Augen, Schnuller in der Hand, ca. 1 1/2 Jahre alt. An diesem Tag hatte die Kleine eine eher betrübte Grundstimmung, sonst ist sie ein sonniges Gemüt. Ihre Mama verließ für kurze Zeit den Raum. Das kleine Mädchen fing auf dem Teppich an sich bemerkbar zu machen. Sie hat nicht richtig geweint, eher ein wimmern und die Laute, wenn eine gewisse Unzufriedenheit spürbar ist. Eine andere Mama bemerkte das und setzte sich lächelnd zu ihr, streichelte über ihre Wange, versuchte ihr den Schnuller zu geben, sprach leise freundliche Worte. Sie war dem Mädchen ganz zugewandt, ganz für sie da, tröstend wollte sie ihr begegnen. All ihre Bemühungen wurden von der Kleinen nur misstrauisch beäugt, getröstet war sie nicht. Es waren wirklich nur ein paar kurze Augenblicke, dann kam die Mama des auf dem Teppich sitzenden Mädchens herein, erfasste die Situation auf einen Blick, nahm ihre Tochter auf den Arm, schenkte ihr ein Lächeln und ein paar beruhigende Worte und ich hätte es am liebsten mitgefilmt: sofort war das Mädchen still, das leise Wimmern verebbte noch in der Bewegung, als die Mama ihre Tochter auf den Arm nahm. Die Kleine legte ihren Kopf an Mamas Schulter, steckte sich den Schnuller in den Mund. Trost, Friede. Diese Situation hat mich so bewegt, auch jetzt noch im Schreiben. Denn mir wurde etwas gezeigt, dass ich bis dahin noch nicht bemerkt hatte. Seit diesem Augenblick, seit dieser Beobachtung werte ich mein Verhalten als Mama viel seltener, denn: Mama ist Trost. Ihr Sein ist Trost. Es sind nicht in erster Linie die Handlungen, die trösten. Es ist die Art wie wir unsere Kinder auf den Arm nehmen, es ist die Stimmlage mit der wir mit ihnen reden, es ist unser Geruch, es ist die Art wie sich unsere Haut, unsere Haare anfühlen. Nicht unser Verhalten löst den Trost aus, in unserem Sein ist der Trost. Das erste Gefühl von Geborgenheit, das erste Gefühl von Annahme, das erste Gefühl von Trost. Das ursprüngliche Gefühl. Die andere Mama, die das Kind trösten wollte hat alle tröstlichen Handlungen getan, die sie hat tun können, aber sie war eben nicht der Trost. Ihre Stimme, ihre Berührung waren in ihrer ganz liebevollen Art trotzdem fremd und fühlten sich deshalb nicht tröstlich an. Trost ist die Mama selbst, Geborgenheit ist die Mama selbst. Trost bedeutet nicht unbedingt das Aufhören des Schreiens, bedeutet nicht unbedingt die Linderung des Schmerzes, bedeutet nicht unbedingt das Abklingen des unangenehmen Gefühls. Trost bedeutet: sie ist da, hält mich aus in meinem Schreien, in meinem Unwohlsein. Das ist tröstlich. Denn Trost birgt unausgesprochene, nicht nennbare Nuancen in sich…es sind nicht die Handlungen, die das ursprüngliche Gefühl von Trost auslösen, es ist die Mutter selbst… An einem Tag wie heute an dem meine Jüngste krank und damit unleidlich ist, bin ich sehr dankbar Mama zu sein, ihre Mama zu sein. Ihre Laune hat sich über den Tag nicht verbessert, ihre Schnupfnase löste sich nicht in Luft auf und doch war mein Kind getröstet, weil ich da war. Und auch wenn ich meine Handlungen vor mir selbst so oft kritisiert habe, habe ich eines durch die Situation gelernt. Ich bin Trost, mein Sein ist für mein Kind tröstlich. Ich muss nicht durch Handlungen erst Trostkompetenzen erarbeiten. Was für ein schöner Grund heute dankbar zu sein!




Alltagslektion. Heute Morgen habe ich einen fetten Fehler gemacht, bzw. den Fehler habe ich schon vor einiger Zeit gemacht und heute bemerke ich die Folgen. Ich ärgere mich und verbringe ziemlich viel Zeit damit Dialoge in meinem Kopf mit mir selber zu führen. Nein, eigentlich es ist kein Dialog eher ein Monolog. Nicht sehr erbauliche und ermutigende Gedanken sind das. Später hilft mir meine Mittlere beim Kochen. Sie schlägt die Eier auf. Sie hat das schon ein paar Mal gemacht, aber gelingen tut ihr das noch nicht. Wir fischen einfach die Schalen mit dem Löffel raus – kein Problem. Und ich stutze während ich mit meiner Tochter koche. Zu ihr würde ich nie sagen, dass sie unfähig ist. Dass sie niemals in ihrem Leben kochen kann, weil das mit den Eiern nicht klappt. Dass sie es besser gleich lassen soll… Warum nicht? Weil ich weiß, dass es etwas Übung braucht und sie eine Lernende ist. Weil ich weiß, dass es absolut nicht motivierend ist, wenn ich so etwas zu ihr sagen würde, nicht zielführend und auch nicht nötig, weil sie es irgendwann kann. Ist es nicht interessant? Meinem Kind gestehe ich das Lernen und Üben zu, würde nie von ihr verlangen, dass sie alles auf Anhieb beherrscht und gebe ihr die Zeit, die sie braucht. Warum mir nicht? Weil ich erwachsen bin? Weil ich die Erwartung an mich habe, dass mir alles gleich gelingt was ich anpacke? Ich bin eine Lernende, das bleibe ich auch. Und dazu braucht es Übung. Ich jedenfalls brauche Übung in den Dingen, die neu sind in meinem Leben, wo neue Herausforderungen auf mich warten und neue Situationen gemeistert werden müssen. Natürlich sind die Konsequenzen bei meinem Fehler größer als die Eierschalen. Aber im Umgang damit kann ich lernen mit mir selbst auch freundlicher umzugehen. Und als aus dem Monolog in meinem Kopf ein freundlicher Dialog mit mir selber wurde (o.k. ich weiß ich bin seltsam) entwickelten sich plötzlich Lösungsansätze. Denn diese negativen Gedanken hindern die kreativen Gedanken daran ihre Arbeit zu machen. Jetzt hoffe ich mal, dass ich den Fehler möglichst klein halten kann in seinen Konsequenzen und gehe ins Bett, gnädig mit mir selbst. >Lissy, das kann mal passieren. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.< Und für diese kleine Alltagslektion bin ich heute sehr dankbar.
Nach einer langen Elternzeit vor 3 Jahren (wir sind bis nach Portugal mit unseren 3 Mädels gefahren) kam ich zurück und war innerlich so ruhig. Ich habe diesen Zustand erst wahrgenommen als wir schon wieder hier waren. Und eine Freundin meinte damals: „Es wäre schön man könnte diese innere Ruhe in den Alltag rüber retten.“ So eins zu eins geht das nicht. Aber heute habe ich das Privileg Rückzug genossen. Ich bin absolut gerne unterwegs und unter Menschen, aber um innere Ruhe zu erleben, brauche ich immer wieder äußere Ruhe. Wir waren heute viel zu Hause. Ich frage mich dann, ob das meinen Kindern viel ausmacht…Es ist wie ein Zurückziehen vor äußeren Reizen. Ich merke, dass viel in meinem Kopf umhergeht und ich erst einmal sortieren muss. Es ist ein für-mich-selbst-sorgen. Ich bin weder effektiv noch effizient. Ich bin einfach total gerne zu Hause, in meinen eigenen 4 Wänden und erlebte mit meinen 2 Kindern (meine Große war lange bei einer Freundin spielen) so viel Ruhe wie das mit 2 Kindern möglich ist. Ich bin dankbar für diesen ruhigen Tag…
Seit ich denken kann haben mich meine Haare genervt. Ich habe alles getan um diese wilde Lockenmähne zu bändigen und meinen persönlichen Idealvorstellungen näher zu kommen. Inspiriert von einem CD Cover von Whitney Housten (ich dachte damals, dass die glatten Haare ihre natürlichen Haare wären) und von Kathi, einem Teenagermädchen mit so unglaublichen dicken braunen ewig langen Haaren. Und bei jedem Spiegelblick waren meine Haare Thema in meinem Kopf – immer unzufrieden, immer genervt, immer mit dem Wunsch nach Veränderung. Bewusst wurde mir das erst als klar wurde, dass meine Größte ziemlich viel von meinen Genen mit auf ihren Lebensweg mitbekommen hat und ich nicht wollte, dass sie mit diesem „Meine-doofen-Haare“-Vorbild groß wird, sondern von Anfang an sieht, dass man mit solchen Haaren leben kann, auch wenn es bei jedem kämmen ziemlich weh tut. Heute stand sie vor dem Spiegel und meinte: „Haben wir nicht coole Haare?“ Ihr könnt euch vorstellen was ich innerlich für ein kleines Fest gefeiert habe. Dieses Beispiel ist ein unbedeutendes: aber Dankbarkeit und Veränderung beginnt, jedenfalls glaube ich das, immer mit der Annahme des Ist-Zustandes. Und Annahme bedeutet nicht es zu werten, bedeutet nicht es gut finden zu müssen. Es bedeutet: es wahrzunehmen, sich dessen bewusst zu sein mit dem Gedanke verbunden: so ist es jetzt erst einmal. Als ich schon Mutter war, habe ich bewusst die Entscheidung getroffen nichts blödes mehr über meine Haare zu sagen, dass sie zu lockig, dass sie zu trocken, dass sie nicht so schön glatt usw. sind. Es hat mein Leben ehrlich bereichert, weil ich mit dieser Entscheidung begann meine Haare einfach anzunehmen. So wie sie sind. Und das erlebe ich immer wieder. Den Ist-Zustand annehmen: da wo ich unzufrieden bin, da wo ich mich benachteiligt fühle, da wo ich gerne begabter wäre oder anders aussehen will. Denn dann kann etwas besonders passieren. Ich kämpfe innerlich nicht dauernd dagegen an. Manchmal glaube ich, mein größter Gegner wohnt in mir selbst. Es ist die Selbstkritik, unrealistische Vorstellungen, der Gedanken „So wie ich bin? Geht gar nicht!“, immer den Blick auf die, die es viel leichter im Leben haben. Und ich erlebe immer wieder, dass der erste Schritt zur Dankbarkeit die Annahme ist. Auch negative Dinge lernen erst einmal anzunehmen – Schwächen, Krisen, schwierige Situationen. Meine Haare sind dafür natürlich ein schlechtes Beispiel, weil es eben nur Haare sind. Aber ich stelle für mich persönlich fest, dass ein Prozess beginnt, wenn ich ein Ja zu Dingen finde, die eigentlich ein fettes Nein mit sich tragen. Ein Ja zu Dingen, die ich als unfair empfinde. Ein Ja zu Dingen, die Herausforderungen mit sich bringen und Traurigkeit und Unzulänglichkeit. Und auch wenn es vielleicht länger dauert als gedacht, kommt nach der Annahme die Veränderung und mit der Veränderung die Dankbarkeit. Und Veränderung bedeutet nicht immer, dass sich äußerlich etwas verändert, sondern vielleicht einfach etwas kleines in mir und manchmal ist die Annahme schon die gute Veränderung-auf jeden Fall ist die Annahme der erste Schritt. Und diese kleine Erkenntnis ist heute mein Dankbarkeitsmoment.
In der Vorweihnachtszeit ändert sich mein Alltag nicht sehr. Aber ich liebe diese Zeit trotzdem, weil ich das Vorweihnachtliche in unserem Alltag versuche zu zelebrieren – ganz punktuell. Zu den Adventskalendern, die es für meine Mädels jedes Jahr gibt, ändert sich unser Abendritual etwas. Es gibt abends während des Vorlesens Punsch und ein neues Adventskalenderbuch. Jeden Tag eine andere Geschichte, die von anderen Kindern in der Vorweihnachtszeit handelt. Es ist gemütlich und ein bisschen etwas besonderes und meine Kinder mögen das sehr. Und ich habe mir dieses Jahr auch ein Adventsbuch gekauft. Es sind ganz kurze Gedanken, die ich im Laufe des Tages weiterdenken kann. Solche kleinen Minirituale in der Vorweihnachtszeit schätze ich sehr. Und bin für den Gedanken von heute Morgen dankbar und für die gemütliche Zeit heute Abend mit meinen 3 Mädels. Ganz punktuell die Weihnachtszeit gestalten…
Oft denke ich, dass wir als Familie etwas ganz besonderes machen müssen, damit ich es als Qualitätszeit bezeichnen kann, damit es unser Familienleben stärkt. Und immer wieder merke ich, dass Kinder anders sind. Ich glaube es kommt ihnen gar nicht so sehr auf die Aktion, auf das Erlebnis an sondern, dass wir Zeit zusammen verbringen, wie die Atmosphäre ist, wie aufmerksam wir ihnen zugewandt sind. Mein Mann hat diese Woche Urlaub, nicht nur ich feiere das! „Am schönsten ist es, wenn wir alle zusammen sind“, meinte eine unserer Töchter heute Abend. Heuet Nachmittag waren wir einfach nur schwimmen – alle zusammen, als Familie, Familienzeit. Dafür bin ich heute sehr dankbar!
Und das liebe ich so! Der Blick aus dem Fenster, wenn der Advent beginnt. Über den Straßen leuchten viele warmweiße Lichterketten. Im Gespräch mit Gott, während meine Familie noch schläft, in die Decke am Fenster eingekuschelt. Mich auf den besinnen, um den es für mich geht in dieser Zeit – um Jesus Christus selbst. Deshalb wird mein Alltag nicht ruhiger oder in irgendeiner Form besinnlicher. Mein Alltag ist mein Alltag. Und wie meine Tochter treffend formulierte: „Advent ist wie wenn wir die Tage bis zu unserem Geburtstag zählen. Nur zählen wir halt bis zum Geburtstag von Jesus.“ Und Jesus ist schon mitten drin dabei, immer und überall – auch im Advent. Und seine unmittelbare Nähe feiere ich. Ich bin so dankbar dafür!!!
