gewöhnliche Wiederholung

Es ist früh, ich muss zum Frühdienst und ich liebe meine Gewohnheiten, die immer wieder gleichen Abfolgen am Morgen. Denn so früh am Morgen kann ich noch nicht produktiv denken. Und da ist es wieder: dass das Gewöhnliche zum Dankesmoment wird. Weil es mir den Start in den Tag erleichtert, weil ich an alles denke ohne bewusst denken zu müssen, weil Gewohnheiten ein Gefühl von Sicherheit geben: das vertraute Plätschern des kalten Wasser, das mir den Übergang in den „Wachmodus“ erleichtert, das vertraute Geräusch, wenn ich den Kaffee aufbrühe, das Klicken der schließenden Brotdosen. Wie schreibt es Peter Härtig in einem Satz, den ich so schön finde, in seinem letzten Buch, Der Gedankenspieler: „Er akzeptierte angekommen zu sein. Gewärmt von der Wiederholung.“ Ich akzeptiere auch im neuen Tag angekommen zu sein, gewärmt von der Wiederholung. Dafür bin ich heute dankbar!

Von Streit und Versöhnung

Es ist früh am Morgen und meine Tochter stellt fest, dass ich etwas vergessen habe, dass für ihren heutigen Schultag wichtig gewesen wäre. Sie beschwert sich. Und ich? reagiere extrem unreflektiert. Ich spüre das innerlich, wie es sich zusammenbraut. Dieses Gefühl hier scheinbar für alles verantwortlich zu sein. Und überhaupt sie hätte mich am Tag vorher noch einmal erinnern können. Und außerdem ist es morgens und ich kann jetzt noch keine Diskussion führen und wieso ist sie eigentlich noch nicht angezogen und die Welt geht von dieser vergessenen Sache nicht unter… Nichts von dem was ich vom Stapel lasse ist hilfreich, lösungsorientiert und sachlich. Alles kommt aus meinem Bauch heraus und vermischt sich mit meinem dauernd präsenten Gefühl ganz vielem nicht gewachsen zu sein, unter anderem dem Organisieren des Alltages meiner Kinder und schafft sich an diesem Punkt ein Ventil.

Irgendwann fällt mir eine Lösung ein. Meine Tochter ist still durch meinen Ausbruch, aber beruhigt, weil dem Schultag nun nichts mehr im Weg steht. Es sind noch ein paar Minuten bis der Bus sie mitnimmt und bei mir kommt die Scham. Darüber nicht ruhiger reagiert zu haben, zu spüren, dass meine Art und Weise völlig übertrieben und nicht deeskalierend war. Und ich gehe auf sie zu und entschuldige mich. Für meinen Ton und all das andere… Wir nehmen uns in den Arm. Der Bus kommt und sie geht.

Wisst ihr, ich bin natürlich nicht dankbar für meine unreflektierte Art und auch wenn ich es mir anders wünschen würde, weiß ich, dass es nicht das letzte Mal war, dass ich so reagiert habe. Manchmal gehen sie durch meine emotionalen Pferde, bei meinen Kindern, bei meinem Mann. Aber ich bin so dankbar, dass es Entschuldigungen, Vergebung und Versöhnung gibt und das mitten im Alltag. Nicht nur im Gottesdienst, sondern hier bei uns in den eigenen vier Wänden. Ich bin dankbar, dass meine Tochter sofort wieder gut mit mir war, dass sie es mir nicht nachgetragen hat. Dankbar, dass das Eingestehen von Fehlern auch in der Mutterrolle möglich ist. Und dankbar, dass ich beten kann. Denn wenn ich Gott um eines bitte, dann, dass er die Seelen meiner Kinder bewahrt – im Streit mit mir oder ihren Freundinnen oder wem auch immer…

Mein Kalender für 2020 ist größer, in der Hoffnung nichts mehr zu vergessen.

Freiheit unter freiem Himmel

Sonntagvormittag, die Sonne wärmt, der Himmel blau-grau, die Laune gut, die Leute nett. Ich sitze in der zweiten Reihe, während meine Töchter schaukeln und auf dem Klettergerüst herumtollen. Denn das ist das heutige Kinderprogramm am heutigen Sonntagvormittagsgottesdienst an einem öffentlichen Platz in unserer Stadt. „Gottesbegegnung am Quadrat“, während der gesamten Rems-Murr-Gartenschau gestalteten die unterschiedlichen Gemeinden und Kirchen Gottesdienste im Park. Und ich denke wieder einmal wie wunderbar ich es finde, dass ich in einem Land lebe in dem ich zu meinem Glauben öffentlich stehen darf, in dem ich meine Werte bekennen kann und Gottesdienst an einem öffentlichen Platz nicht durch Polizeigewalt oder Andersgläubigen gestört wird. Freiheit ist ein Geschenk für das ich heute sehr dankbar bin. Unter freiem Himmel Gott mit Liedern zu danken ist etwas besonders!

ein paar Dankesmomente

Vielen lieben Dank bei all denen, die sich bei mir erkundigt haben, warum es keine Blogbeiträge in den letzten Wochen gab und ob es mir gut geht. Das finde ich so nett!!! Mir geht es gut, ich war nur schreibfaul. Tatsächlich hatte ich keine Blogpause geplant, aber durch meine mangelnde Motivation ist sie dann doch entstanden. Wobei ich, ihr wisst es, meine Dankesmomente in meinem Gedankenbuch weiter gesammelt habe… Mit was fängt man nach so einer langen Pause an? Mit ein paar Dankesmomenten des gestrigen Tages:

Meine Tochter hat ihren 11. Geburtstag mit 12 Freundinnen nachgefeiert. Unsere Wohnung ist 85qm groß. Alles hat wie geplant geklappt. Dankbar dafür! Während die zwei Hefeteige für die Pizza gehen, entdecke ich zwei Eier, die ich für den zweiten Teig schon herausgelegt hatte. Tja, da sie da noch lagen, waren sie wohl nicht im Teig. Ich habe mich nicht geärgert, sondern dachte: „Mal sehen, wie der Teig sich dann verhält.“ Ich konnte ihn nicht ausrollen und habe stattdessen Pizzateigtaler ausgestochen. War nicht super, aber auch nicht schlimm. Aber gefallen hat mir mein freundlicher Umgang mit mir selbst. Keine minderwertigen Selbstgespräche wegen Versagen usw. Dankbar dafür! Durch carsharing konnten wir mit unserem Auto und einem geliehen mit allen Mädels zur Sommerrodelbahn fahren. Dankbar dafür! Die Atmosphäre war friedlich unter den sehr unterschiedlichen Mädels. Dankbar dafür! Mit einer Mama ergab sich beim Abholen etwas Zeit zum reden. Sie ist alleinerziehend, aber das hat sie nicht davon abgehalten ein Haus zu bauen. In den Sommerferien ist sie mit ihren zwei Töchtern eingezogen. Die Böden hat sie alleine verlegt, innen alles gestrichen, genauso wie die Außenfassade. „Durch die Eigenleistung wurde es günstiger.“ Ich schaue sie ungläubig an. Was manche Menschen taff sind. Ich bewundere sie und ich liebe solche Gespräche. Dankbar dafür! Und dann war es Abend und die Kinder wieder zuhause, meine Mädels schliefen und ich lag im Bett. Wunderbare Stille. Dankbar dafür!

„Gut!“

Heute Morgen bin ich schnell in die Stadt. Brötchen holen für meine Familie, ein Blümchen im Laden für mich und ins Kreativgeschäft. Im Blumenladen fragt mich die Verkäuferin, mit der ich immer einen netten Plausch halte, wie es uns geht. „Gut!“ antworte ich und frage mich als ich wieder draußen bin, ob ich gelogen habe. Denn eigentlich wären wir im Moment in Südfrankreich im Urlaub, nachdem wir ein paar Tage bei meiner Pflegemutter in Frankfurt verbracht hätten, um unseren Familienurlaub weit weg von zuhause zu verbringen. Tapetenwechsel… Tatsache ist, dass wir zwei Nächte in Frankfurt waren, an ihrem 11. Geburtstag meine Große auch vom Scharlach erwischt wurde und ich nur noch nach Hause wollte um meine hochfiebernde Tochter gesund zu pflegen. Ich hätte erwartet, dass es mir schlecht geht, dass der Frust groß ist darüber zuhause statt im warmen Süden zu sein. Aber ich bin selber so überrascht und führe diese ausbleibende Frustreaktion auf das Sammeln von Dankesmomenten zurück, was ich nun schon fast fünf Jahre mache. Anders kann ich mir das nicht erklären. Denn alles gute ist so präsent: Meine Tochter befindet sich auf dem Weg der Besserung und ich bin so dankbar, dass das Fieber überwunden ist; ich mag unser Zuhause und bin gerne hier; der Palettentisch, den wir im Wohnzimmer seit dem Einzug haben wollen, ist nun fast fertig, weil mein Mann Urlaub hat; mit meiner Jüngsten war ich heute in unserem Stadtpark und sie hat nicht nur im Sand gespielt, sondern mit mir die Kräuterbeete bewundert. Ich liebe es Kräuter zwischen den Fingern zu zerreiben und daran zu schnuppern; Mein Gedankenbuch war spurlos verschwunden, mein Mann hat es heute im Auto gefunden und ich bin sooo dankbar, dass ich es nicht irgendwo liegen habe lassen; Mein Verstand hat genaue Vorstellungen davon wie Urlaub sein soll und sich anfühlen muss. Meine Seele braucht erstaunlich wenig um sich zu freuen. Und ein Zitat, das ich feiere und für absolut treffend empfinde, heute in der Bücherei entdeckt:

„Wir müssen bereit sein, uns von dem Leben zu lösen, das wir geplant haben, damit wir das Leben finden, das auf uns wartet.“ Oscar Wilde

Das gilt nicht nur für das Leben, sondern in diesem Jahr auch für meine Urlaubszeit. Ich bin dankbar für viele kleine schöne Momente heute und dass die Dankbarkeit eine beständige Lehrerin ist, die immer wieder neue Überraschungen mit sich bringt. Also: Ich bin keine Lügnerin, es geht uns gut.

ein voller Supermarkt am Samstag

Die letzte Woche lief alles andere als geplant und so stehe ich heute ungeplant im Supermarkt. Denn samstags betrete ich diese Gebäude nur im äußersten Notfall. Wie zu erwarten ist es sehr voll und obwohl viele Kassen geöffnet sind, stehe ich eine ganze Weile an und gehe am Ende dankbar aus dem Laden heraus, zurück in meinen Alltag. Eine Begegnung, die warmherzig und freundlich war, geduldig und zugewandt. Ich durfte Beobachterin sein. Denn ich stehe hinter einem älteren Herrn. Er legt in bedächtigem Tempo seine Ware auf das Kassenband. Immer wieder beugt er sich zu seiner Begleitung, fragt etwas nach, wartet auf Antwort. Er ist mit seiner Mutter da, die schätzungsweise um die 90 Jahre alt ist, weil er wie Mitte, Ende 60 wirkt. Gestützt wird sie von ihrem Rollator, doch der soll sie nicht daran hindern ihrem Sohn zu helfen, die Ware erst aus dem Wagen auf das Band und danach vom Band wieder in den Wagen zu legen. Sie meint es gut, aber in all dem wird schnell sichtbar, dass der Rollator hinderlich ist, die Kassierin flink und die Hände der Frau schon müde. Wie viele Einkäufe hat sie schon erledigt, ihre Familie versorgt und abends statt Serien geschaut, Wäsche geflickt? Wie fühlt es sich an, wenn man weniger wird, weil man schwächer wird, weil alles nicht mehr so schnell geht, weil es Menschen gut mit einem meinen, aber darin schon manche Verletzung schlummert? Ihr Sohn lässt sie, scheint die eher genervte Atmosphäre auszublenden und erledigt zusammen mit seiner Mutter ihren Einkauf. Kein genervtes: „Wenn ich das mache geht es viel schneller.“ oder „Alle warten schon.“ oder „Du stehst da echt ungünstig.“ Zwischendurch ist sie verunsichert, er beantwortet ihr in Ruhe ihre Fragen zu Produkten. Sie lächelt ihn dankbar an. Für manche mag das kitschig wirken, aber ich durfte heute gelebte Wertschätzung sehen. Ich kenne die beiden nicht, weiß nichts weiter aus ihrem Leben, aber das Beobachten dieses Sohnes im Umgang mit seiner Mutter hat mich heute sehr dankbar gemacht in einem vollen Supermarkt an einem Samstag.

10 kleine Dinge

1.Wir haben heute die ersten roten eigenen Tomaten geerntet und verspeist. 2. Meine eine Tochter hat über mehrere Tage erbrochen. Heute geht es ihr wieder viel besser. 3. Es sind Sommerferien. 4. Durch das Mamasein lerne ich eine hohe Flexibilität, weil es immer wieder Dinge gibt, die anders laufen wie geplant. Aus diesen Alltagslektionen will ich immer wieder lernen. 5. Eine ganz liebe Freundin hat heute meine zwei gesunden Mädels mit in den Zoo genommen. 6. Ich habe einen Laptop und damit einen Zugang zu Kinderfilmen. Das sorgte heute für eine Pause. 7. In den Sommerferien will ich unbedingt mal wieder einen Roman lesen. In der Bücherei habe ich mir vier Romane ausgeliehen und drei gleich wieder zurückgebracht – sie treffen überhaupt nicht meinen Geschmack. Auf einen freue ich mich jetzt, wenn ich schlafen gehe. 8. Meine beiden Schulkinder haben mir heute etwas vorgelesen. 9. Eine Freundin per Sprachnachricht um Rat gefragt und gleich eine Antwort erhalten. Ich bin so dankbar für gute Freundinnen. 10. Einen Strauss Rosen auf dem Markt gekauft. Frische Blumen auf dem Küchentisch sorgen für viele Augenblicke dankbarer Freude und sorgen für gute Laune.

10 unbedeutende Dinge, die ihren Wert dadurch erhalten und in Erinnerung bleiben, weil ich Worte dafür finde. Viele Kleinigkeiten ergeben eine lange Liste von guten Dingen. Dafür bin ich heute dankbar.

Feeeerieeeeen

Ja, bei uns gewittert es gerade sehr heftig und eine meiner Töchter liegt mit Fieber im Bett, meine andere Tochter stand schon um 5.30Uhr auf der Matte um sich zu erkundigen was wir heute machen und aus Langeweile gab es auch schon einen heftigen Geschwisterstreit. Das alles kann aber meine Dankbarkeit über sechs Wochen Ferien nicht schmälern. Denn sechs Wochen Ferien bedeuten bei uns sechs Wochen keine Themen von außen. Keine Elterngespräche, keine Hausaufgaben, viel weniger berufliche Themen von meinem Mann, keine Uhrzeiten einhalten, schon allein, dass ich morgens niemanden wecken muss ist einfach so erholsam. Ich werde kochen und putzen, arbeiten gehen und mit den Mädels üben, ich werde einkaufen und bügeln… Aber meine Seele erholt sich von all den Dingen, die drumherum Thema in unserem Leben sind und über die ich mir oft Gedanken mache. In sechs Wochen Ferien erholt sich meine Seele vom Druck, den ich immer wieder in meinem Alltag empfinde. Dafür bin ich heute so dankbar!!!

Ferienbegrüßungspakete für meine Familie

Geburtstagswunsch

Wenn sich meine Mädels etwas wünschen, vertröste ich sie oft auf den Geburtstag oder Weihnachten. Das sind die Tage an denen materielle Wünsche in Erfüllung gehen können. Ich hatte auch einen solchen Wunsch. Die Biographie von Michelle Obama „becoming“ habe ich gefeiert. (Unbedingt möchte ich euch dazu eine Buchrezension abdrehen, aber ich habe (noch) keine eigene Kamera und deshalb ist dieses Videoformat bisher nur sporadisch auf meinem Blog zu finden.) Jetzt kam eine neues Buch von den Obamas heraus, ein Bildband mit vielen Fotos und Zitaten. Ich bin immer wieder in der Buchhandlung drumherum geschlichen, habe es aber nicht gekauft, sondern mir vorgenommen, dass ich es mir zum Geburtstag wünsche. Denn ich brauche dieses Buch nicht zum Überleben, es beinhaltet kein Thema, was ich gerade vorbereiten muss, es wäre einfach nur Hobby. Also, nicht einfach so 25 Euro über den Ladentisch gehen lassen. Aber dann bekomme ich einen Gutschein nach einer Veranstaltung geschenkt. Was habe ich gemacht? Ich bin damit in den Buchladen und habe den Gutschein eingelöst. Wie wunderbar ist es erwachsen zu sein und sich Geburtstagswünsche schon Monate vorher erfüllen zu können. Und schon jetzt finde ich dieses Buch einfach nur fantastisch. Ich bin dankbar für meine Bücherliebe, für diesen Gutschein und für das wundervolle Buch der Fotografin Callie Shell.

kleine Früchte, große Freude

An dieser Stelle erwähne ich nicht, dass ich gerne einen Garten hätte. Des öfteren habt ihr diesen Wunsch schon von mir gelesen. Ich überlege mir, ob meine Vermieterin auch gerne einen Garten hätte. Sie wohnt mit ihrem Mann auf derselben Ebene wie wir und lässt sich von der Tatsache, dass es hier keinen Garten gibt, nicht davon abhalten Tomaten anzupflanzen. So standen auch dieses Jahr große Kübel auf dem schmalen Balkon.

Es bot sich mir die Gelegenheit Tomatenpflanzen zu kaufen. Der Erlös geht in ein Projekt unserer Gemeinde, das wir planen. So kaufte ich mutig zwei Pflänzchen und tröstete mich schon beim Umtopfen in große Kübel, dass wenn diese Tomaten nichts werden sollten, es kein Verlust ist, weil das Geld gut angelegt wird. Und jetzt kümmere ich mich um zwei Pflanzen, die tatsächlich wachsen und gedeihen und Blüten hervorbringen und tatsächlich hängen schon erkennbare Früchte daran. Ich freue mich so darüber!!! Außerdem weiß ich mittlerweile, dass Tomaten Regen nicht mögen, weil sonst eine Blattfäulnis entstehen kann, die Erde Stickstoff braucht, den man am besten durch Brennesseljauche hinzuführt und der Begriff „ausgeizen“ ist neu in mein Vokabular eingezogen.

Heute bin ich dankbar für meine Vermietern und ihr Vorbild. Alleine wäre ich nicht auf die Idee gekommen auf kleinem Raum große Pflanzen zu ziehen. Für meine große Freude am kleinen Gärtnern. Für all die kleinen Dinge, die ich durch dieses Miniprojekt dazu gelernt habe und für die ersten sichtbaren Früchte.

zwei

Meine Tochter hat in der Projektwoche ihrer Schule viel erlebt. Abseilen, Übungen am Trapez… alles Dinge, die ihr Überwindung abverlangten. Ihre Augen strahlten jeden Tag aufs neue, wenn sie erzählte zu was sie sich heute hat überwinden können. Und dann fiel der Satz: „Weißt du, dann hatte ich dauernd deine Stimme im Kopf, die sagte: „Du brauchst das nicht machen. Wenn du Angst hast ist das voll o.k. Dafür kannst du andere Sachen.“ und Papas Stimme hatte ich im Kopf: „Das schaffst du. Da passiert nichts. Trau dich.“ Ich hab da auf Papas Stimme gehört und alles hinbekommen.“

Ich bin ohne Vater aufgewachsen und meine Pflegemutter hat das gut gemacht. Aber ich bin heute und so oft dankbar, dass meine Kinder nicht nur mich haben, sondern immer auch den Papa, dass wir zwei sind. Zwei, die sich auf ganz unterschiedliche Weise für drei Menschlein einsetzen und stark machen. Ich bin eher die, die In-Watte-packen-will, mein Mann traut unseren Mädels mehr zu. Mir geht es um Stabilität, Rhythmus, feste Strukturen. Mein Mann ist eher spontan und wenn ich arbeite, erleben sie mit ihm definitiv mehr Abenteuer als mit mir. Manchmal gehen mir alle auf den Kranz und ich bin genervt, manchmal gehen ihm alle auf den Kranz und er ist genervt. Meistens passiert das nicht gleichzeitig.

Zwei zu sein macht es nicht immer einfacher. Weil wir immer zwei sind, gibt es zwei Meinungen, zwei Charaktere, zwei Sichten auf das Leben, zwei Arten es zu meistern und ich finde ich es auch anstrengend zu diskutieren, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, sich selbst auch immer wieder zu hinterfragen… Aber wir sind zwei und das genieße ich, feiere ich, schätze ich und bin dankbar dafür.

„Die Art wie wir mit unseren Kindern sprechen, wird ihre innere Stimme.“ Peggy O’Mara

Gut, dass sie nicht nur meine Stimme hören. Gut, dass wir zwei sind.

die Bibel lesen

Mit einer Gruppe von älteren Frauen und zwei Männern ( es ist echt etwas anderes eine Statistik zu lesen oder die gelebte Realität zu sehen, denn die meisten sind Witwen) habe ich über einen Bibelvers nachgedacht. Der Vers kam mir deshalb, weil ich ihn bei zwei unterschiedlichen Frauen auf unterschiedliche Art und Weise gelebt wahrnehme und die eine von beiden für mich zur gelebten Inspiration und Vorbild wurde.

Beide Frauen lesen regelmäßig in der Bibel und das schon seit Jahrzehnten.(Es ist mir wichtig, dass ich kein Urteil fällen möchte, sondern Beobachtungen teile.) Die eine von beiden zitiert immer mal wieder einen Vers aus der Bibel, z.B.: „Liebe deinen Nächten wie dich selbst.“ Und denkt dann darüber nach, ob die Menschen in ihrer Umgebung diesen Vers leben. Ihre Töchter, ihre Enkel. Dabei fällt ihr oft ein, was diese nicht für sie tun, wo sie zu spät kamen oder scheinbar nur ihr Geld wollen. Auch andere Verse kennt sie gut, aber in unseren Gesprächen nimmt sie diese nicht für sich selbst zur Reflexion, zum Nachdenken, sondern überlegt für wen dieser Vers in ihrem Umfeld wichtig sein könnte. Dadurch entsteht eine eher schwierige Atmosphäre.

Die zweite Frau hat auch diesen Vers in einem Gespräch zitiert und meinte: „Wissen Sie, Schwester Lissy, den Vers kenne ich schon so lange, aber ich habe nie aufgehört darüber nachzudenken, wie ich Menschen zeigen kann, dass ich sie liebe. Nur weil ich alt bin, heißt das ja nicht, dass ich nichts mehr zu geben habe,“ sagt sie und lächelt. Sie hat viel zu geben, zuallererst ihre Ausstrahlung, die freundlich und zugewandt ist, die Atmosphäre in der man sich in ihrer Gegenwart bewegt. Nicht urteilend, kritisierend und richtend, sondern freundlich und zugewandt, interessiert und rücksichtsvoll.

Für diese Frau und die Begegnung mit ihr bin ich so dankbar. Mittlerweile ist sie verstorben, aber sie hat liebevolle Spuren hinterlassen in ihrer Umgebung – unter anderem auch bei mir. Sie ist mir Inspiration und Vorbild, weil sie in der Beziehung mit Jesus seine Worte für sich persönlich nimmt, nicht nur die angenehmen und ermutigenden, sondern auch die, die herausfordern und das eigene Verhalten kritisch hinterfragen…

{5} Stille braucht Vorbereitung

Ein paar Minuten zu früh komme ich vor dem Klassenzimmer meiner Tochter an. Ich werde als Begleitperson mit zwei weiteren Mamas an einem Ausflug teilnehmen. Mit mir trifft auch eine der beiden anderen Mütter ein. Wir begrüßen uns, ich setze mich um auf das Ende der ersten Schulstunde zu warten, die andere Mutter beginnt Schuhpaare zusammenzustellen, unordentliche Fahrradhelme zu ordnen usw. „Deine Wohnung ist bestimmt pikobello“, tippe ich. Sie erwidert lachend: „Mein Mann ist noch schlimmer.“ Ich habe diese Dinge auch gesehen, spüre aber keinerlei Impuls mich um dieses schulische Kinderchaos zu kümmern.

Ich bin ein unordentlicher Mensch, eigentlich schon so lange ich mich daran erinnern kann. Wenn Dinge herumliegen, sehe ich das, aber ich kann daran vorbei gehen oder darüber steigen. Wäscheberge kenne ich nicht nur vom Hörensagen. Und mittlerweile glaube ich wirklich, dass ein Teil davon Veranlagung ist. Meine Große ist z.B. eher ordentlich – von mir hat sie das allerdings nicht. Und mein Weg in ein ordentlicheres Zuhause hat erst mit der Familiengründung begonnen, weil mich alle anschauen, wenn keine frischen Strümpfe mehr griffbereit in den Schubladen warten, weil mich immer alle fragen, wenn sie etwas suchen und ich kann nun mal kein frisches Brot in alte Vesperdosen füllen, deshalb stehe ich des öfteren morgens da und spüle diese noch im allgemeinen Familienchaos ab. Ich bin von Natur aus nicht ordentlich.

Außer, und das ist mir letztens bewusst geworden, ich plane am nächsten Morgen früh aufzustehen, um in der stillen Begegnung mit Gott Ruhe und inneren Frieden, Wegweisung und Annahme zu suchen. Dann gestaltet sich der Abend anders – bewusster.

Als ich noch in der Ausbildung zur Krankenschwester war und meine morgendliche Stille als Gewohnheit in mein Leben etablierte, gehörte ohne, dass ich darüber nachgedacht hatte, das abendliche Aufräumen dazu. Heute würde ich sogar sagen, meine Stille beginnt schon am Abend vorher. Denn auch wenn ich ein unordentlicher Mensch bin, liebe ich Ordnung. Ordnung hat so etwas beruhigendes, wenn alles an seinem Platz ist und nicht unbewusst das Gefühl bei mir ausgelöst wird, hoffentlich klingelt heute keiner spontan oder haben alle frische Kleidung oder die Vesperdosen sind noch nicht abgespült. Diese Kleinigkeiten können zu echten Stillekillern werden, denn ich bin dann schon längst wieder in den to-dos, die noch erledigt werden müssen bis alle in Schule und Kindergarten sind.

Die morgendliche Stille Zeit beginnt am Abend davor. Stille braucht Vorbereitung – mir jedenfalls hilft diese. Ich lege alles bereit, was meine Familie am Morgen braucht, die Böden sind gewischt, weil ich Brotkrumen an nackten Füßen nicht ausstehen kann. Die Bibel, mein Gedankenbuch, meine Stifte…alles ist da, muss am Morgen nicht gesucht werden. Es ist die Wertschätzung dieser Zeit, wie wenn ich Besuch erwarte – auch dann bereite ich alles vor. Ich heiße diese Zeit vor Gott willkommen und tauche am nächsten Morgen in diesen vorbereiteten Raum ein. Kein plötzlicher Abbruch aus dem lauten Alltag, sondern eine vorbereitete Atmosphäre gestalten. Auch die abgebrannten Teelichter sind durch neue ersetzt und in meiner Duftlampe wartet mein liebster Duft momentan: von WoodWock white tea&jasmin. Gute Düfte heben absolut verlässlich meine Stimmung!!!

Stille fällt leichter, wenn sie vorbereitet ist. Vielleicht bist du ein ordentlicher Mensch und brauchst nicht erst Ordnung zu schaffen. Aber welche Vorbereitungen könntest du treffen, damit du einen Raum betrittst, der diese Stille Zeit willkommen heißt, wertschätzt, dich darauf freust?

rot und lilablau

Natürlich läuft mir die Brühe den Rücken hinunter und ich feiere mein Deo und mein Parfum – sie halten was sie versprechen: Schutz vor Schweißgeruch. In Jeans und Kasak bitte ich alle Patienten ausreichend zu trinken und bei all den Besuchen war das Hauptthema die Hitze. Der Schwindel, der sich verstärkt, angeschwollene Beine, Herzkranke leiden besonders. Aber ist es nicht auch wunderschön? Diese leichte Lebendigkeit, die nur der Sommer mit sich bringt? Morgens schon die Vögel und abends die lauen Temperaturen. Und jeder Vor – und Garten sieht wunderschön aus, alle Blumen stehen in voller Blütenpracht. Es duftet, die Bienen sind zu hören… Bei jedem Ausstieg vor einem Haus begrüßt mich eine andere Blumensorte. Die Kreisverkehre unserer Stadt sind mit Wiesenblumen bepflanzt. Ehrlich, ich würde nie rot und lilablau in einer Dekoration miteinender kombinieren, aber in der Natur sieht es so schön aus. Nach dem Dienst laufe ich nach Hause. Ich habe eine neue Patientin zu versorgen, ihr Schicksal macht mir zu schaffen und ich überlege, wie ich einen guten Umgang innerlich finde, damit ich zukünftig Ermutigung, Freude und Liebe mit in ihr Zuhause bringe. Der Abendhimmel ist rot eingefärbt, über den Dächern und Straßen ist Schönheit sichtbar, tröstet mich. Ich habe auf vieles keine Antwort und manches belastet mich, aber ich sehe auch all die Dinge, die da sind und trösten, die Seele stärken, Hoffnung bringen und Freude machen. Danke für wunderschöne Blumen in Vielfalt, für einen roten Abendhimmel und für wahrnehmbare und tröstende Schönheit!

so unterschiedlich

„Alle sind so unterschiedlich und sehnen sich doch nach denselben Dingen: wahrgenommen zu werden, seinen Teil beitragen, ein Platz in dieser Welt, Liebe, Wertschätzung, für jemandem von Bedeutung sein.“ Ich laufe durch Turin in Italien. Mit meinen drei Mädels, meinem Mann und drei jungen Männern. Ich habe schon viele Menschen heute gesehen:

Ein Afrikaner, der eine Menge Hüte, Ketten, Armbänder und andere Dinge in einer Art Bauchladen in der Hitze vor sich her trägt. Seine Augen wirken müde. Ich habe nicht nachgefragt, aber vermutlich ist er über das Meer hier nach Italien gekommen um sein Überleben zu sichern oder sein Glück zu suchen oder beides?….

Eine italienische Bella Donna. Sie ist sicher schon über 70 Jahre, die Haare sorgfältig gefönt, trägt sie ein blaues Kleid und: Highheels. Keine praktischen Schuhe aus dem Sanitätshaus, sondern ca. 8 com hohe Pfennigabsätze. Für ihren Weg braucht sie sicher dreimal so lange, aber das scheint es ihr wert zu sein. Ist sie glücklich? Ist sie einsam? Ist sie zufrieden mit ihrer Vergangenheit? Hat sie das Gefühl ihren Teil beitragen zu können in dieser Welt?

Aus einem Hotel kommt ein Paar. Er ist offensichtlich um einiges älter als sie. Sie hat wunderschöne Porzellanhaut, Wimpernextensions, sorgfältiges Make up. „Oh, die sind bestimmt voll reich,“ auch meine Große hat die beiden wahrgenommen, ihre Kleidung, ihr Auftreten. Was sie wohl hier machen? Urlaub oder begleitet sie ihn auf Geschäftsreise? Fühlt sie sich wahrgenommen? Fühlt er sich geliebt? Sind sie glücklich?

Wir sind hier um Ali zu besuchen, der aus dem Iran nach Deutschland kam und nun sein Glück in Italien sucht. Seine Kunst ist das Breakdancen. Meinem Mann war es wichtig nach ihm zu schauen, wie es ihm geht, was er so macht. Also brechen wir zu einem Kurzurlaub nach Italien auf. Ali kommt nicht allein. Er bringt zwei Kumpels mit, einer kommt aus Rumänien, einer war schon überall, nur schon lange nicht mehr zuhause. Die Straße ist ihr Übungsraum, sie zeigen uns „ihre“ Plätze. Wir fahren mit dem Bus, der in Deutschland keinen TÜV bekommen hätte, lernen die Stadt nicht aus der Touristensicht kennen, sondern aus der ihren. Ihr Beruf ist das Tanzen. Und auch wenn sie hinter dem großen Theater proben, ist ihre Bühne die Straße, die Gage beläuft sich darauf wie viel die Passanten bereit sind zu geben. Haben sie sich ihr Leben so vorgestellt? Ist das Überleben oder die Suche nach Glück oder das Bedürfnis seinen Beitrag zu leisten in dieser Welt, einen Platz zu finden an dem man sein darf?

Rückt uns das näher zueinander, dieses Wissen, dass wir so unterschiedliche Leben haben und viele von uns doch dasselbe wollen? Macht uns das gnädiger? Verlernen wir damit das urteilen? Können wir lernen den anderen wertzuschätzen, auch wenn wir sein Handeln nicht verstehen? Uns gegenseitig zu respektieren, auch wenn wir unterschiedliche Entscheidungen treffen. Lernen wir zu verstehen, dass meine Einsicht für die Erfahrungen des anderen unbrauchbar sein können, weil das Leben des anderen ein ganz anderes ist, seine Erfahrungen, seine Erlebnisse…? Ich bin dankbar für die Begegnung mit Ali und seinen Freunden, auch wenn es mir im ersten Moment wieder schwer fällt heimzukehren, weil ich die Ungerechtigkeiten dieser Welt so unerträglich finde, bin ich heute wieder dankbar für meine Familie, für unser Zuhause, für meinen sicheren Arbeitsplatz und für euch als meine Leserinnen. Vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst immer mal wieder meine Gedanken zu lesen!

Wir sind so unterschiedlich und sehnen uns doch nach denselben Dingen: wahrgenommen zu werden, unseren Teil beizutragen, ein Platz in dieser Welt, Liebe, Wertschätzung, für jemandem von Bedeutung sein…

Vielleicht ist mir deshalb die Dankbarkeit so wichtig. Ich kann die Ungerechtigkeit dieser Welt nicht lösen, aber ich kann achtsam und wertschätzend damit umgehen was mir anvertraut ist und es dankend annehmen. Mit dem Blick auf das was mir geschenkt ist und nicht auf das was mir zu meinem Glück noch fehlt…

Bratapfel und Milchkaffee

Die letzten Tage war ich krank, so richtig mit Fieber, Magen-Darm-Geschichte… extrem unangenehm. Im Volksmund heißt es, dass Männer so wehleidig wären – ich gebe ganz offen zu: ich bin es auch. Vor allem die Nächte waren so schlimm, fast unerträglich. Wenn ich Fieber habe, was schon sehr lange nicht mehr der Fall war, dann fühlt sich meine Haut so total seltsam an, fast schmerzhaft. O.k., ich höre auf Details zu beschreiben, die Liste wäre lang.

Für mich gehört es dazu morgens dankend zu erwähnen, dass meine Beine über die Bettkante kommen, dass mein Herz nicht aufgehört hat zu schlagen, dass mein Kopf mir sagt, welches Datum heute ist und ich die Uhrzeit sofort anhand der Zeiger erkennen kann. Danke, dass ich gesund bin. Dass das nicht selbstverständlich ist sehe ich immer wieder. Aber: es ist meistens nicht von einem Gefühl begleitet, diese morgendliche Dankbarkeit über meine Gesundheit. Und mir ist es sehr wichtig, dass Dankbarkeit ein Gefühl sein kann, aber eben nicht muss. Dankbarkeit ist die Entscheidung, eine innere Haltung einzuüben, die die Aufmerksamkeit immer wieder auf das Gute und Selbstverständliche lenkt und diese Dinge wertschätzt. Das Gefühl ist dabei nicht ausschlaggebend, sonst würde am Ende so manchen Tages meine Dankesliste leer bleiben. Heute, als ich aufwachte, nach einer erholsamen Nacht ohne Fieber, unangenehmer Schmerzen und anderen Symptomen war es da, dieses schöne warme glückliche Gefühl der Dankbarkeit über meinen gesunden Körper. Alles ist wieder so wie es sein soll. Und ich fühle mich deshalb heute den ganzen Tag schon so dankbar. Dankbarkeit ist kein Gefühl, kann aber eines sein und fühlt sich dann so richtig gut an!!!

Nach überstandenem Magen-Darm soll man essen worauf man Lust hat, sagt der Volkmund. Für mich Bratapfel und Milchkaffee, welch ein Genuss.

Ferienlektüre

Vor einigen Monaten kam meine Große mit dem Buch „Räuber Hotzenplotz“ aus der Schule. Der Unterrichtsstoff für die nächsten Wochen, einschließlich eines Testes. Ganz ehrlich: schon als Kind konnte ich diese Geschichte nicht leiden und habe sie auch in der Grundschule lesen müssen. Ein paar Wochen später kommt meine Mittlere mit einem Buch nach Hause. Der Unterrichtsstoff für die nächsten Wochen. Ratet mal: richtig, Räuber Hotzenplotz. Habe ich schon erwähnt, dass meine zwei Töchter auf unterschiedlichen Schulen sind? Wieso liest man dieses Buch in der Schule? Vielleicht erschließt sich mir der tiefere Sinn dieses Buches nicht. Unterhaltsam finde ich leider auch nicht. Und so wurde Räuber Hotzenplotz nach vielen Jahren noch einmal Thema, obwohl in der Zwischenzeit schon so viele neue tolle Kinderbücher geschrieben wurden. Ich verstehe das nicht.

O.k., hier schreibe ich nicht um mich zu beschweren, sondern um Dankesmomente festzuhalten und dieser kam nun zu Ferienbeginn mit meiner Mittleren in unser Haus. Ein Buch, welches sie in den Pfingstferien lesen darf – vorlesen, selber lesen, die Form ist egal, aber der Inhalt muss in zwei Wochen sitzen. Und jetzt seht euch bitte das süße Cover an und die schlichte Überschrift: „Die kleine Eule“. Ich schlage es auf und überfliege das Inhaltsverzeichnis. Kapitelüberschriften wie „Dunkelheit ist gütig“ oder „Dunkelheit ist notwendig“ oder „Dunkelheit ist herrlich“, hören sich so schön in meinen Ohren an. Und die Geschichte: eine Eule hat Angst vor der Dunkelheit und trifft verschiedene Menschen/Tiere, die die Dunkelheit lieben und der Eule erklären was ihnen die Dunkelheit bedeutet. Total schöne. Das ist ein Buch von der Schule und für die Schule das vielversprechend klingt. Und für diese Ferienlektüre bin ich heute dankbar.

Sommer

Heute am 1.6.2019 den ersten fühlbaren Sommertag erlebt. Morgens mit den Mädels draußen in Sommerkleidchen, Jumpsuit und Sandalen. Mittags zurück in die kühle Wohnung und abends noch einmal raus. Wir haben zwar keinen Garten, aber die Remstal-Gartenschau ist, unter anderem, auch in unserer Stadt. Die Dauerkarte in meinem Geldbeutel und so spielen die Mädchen noch miteinander in dem fast leeren Park, während ich lese, mich an den vielen Blumen freue, eine frühere Kollegin treffe und einfach dankbar bin, dass sich dieser Tag so richtig schön nach Sommer, Sonne und Sonnenmilch angefühlt hat. Wunderbar!!!

Gast oder Mitbewohner?

…und dann ist er einfach wieder da. Ein ungebetener Gast, der auf keine Einladung wartet und sich hoffentlich nicht einnistet, sondern wieder geht, nicht zum Mitbewohner wird. Immer wieder schleichen sich Zweifel in meinen Verstand, meine Seele – Glaubenszweifel, die nicht alles aber vieles in Frage stellen. Nein, ich zweifel nicht an, ob es Gott gibt. In all den Jahren hat sich mir diese Frage nie gestellt. Sondern meine Zweifel fragen, ob er es wirklich gut mit uns Menschen meint. Wie viel wir tatsächlich von seinem Charakter erahnen können und was schlicht und ergreifend mein persönliches Wunschdenken ist. Ganz viele wenn Fragen. Wenn Gott so und so wäre, dann müsste/sollte/könnte… Ja, ich weiß, die Fragen wirken wie die eines jungen Mädchen, aber vielleicht wird mein Glaube nie erwachsen. Denn wenn ich über Zweifel lese, dann oft, dass Zweifel wichtig sind, damit der Glaube aus den Kinderschuhen kommt. Manchmal wären mir Kinderschuhe echt lieber und irgendwie dachte ich mit 38 Jahren, dass mein Glauben „erwachsen“ ist. Aber da sind diese Zweifel – zermürbend, anstrengend, sich im Kreis drehende Themen.

Letztes Wochenende hatte ich einen Vortrag zum Thema Dankbarkeit. Und obwohl ich ihn schon etliche Male gehalten habe, lässt er immer wieder Neues in mir entstehen. Auf dem Heimweg habe ich mich gefragt wofür ich dankbar sein könnte in meinen Zweifeln. Gibt es Dankesgründe, wenn ich zweifel und das mit Gott so existenziell wird? Ich habe es mal probiert Dankesmomente zu finden, die meinen Zweifel betreffen…

Ich kämpfe nicht mehr. Über Jahre habe ich immer wieder dagegen angekämpft, meine Zweifel verneint, von mir weisen wollen. Das hat sich als furchtbar anstrengend erwiesen und auch unehrlich angefühlt. Ich heiße sie nicht willkommen, aber ich nehme sie wahr und ernst. Dafür bin ich dankbar!

Ich bete immer noch. Ich kann nicht aufhören damit, auch wenn ich dann sehr stark das Gefühl habe, dass es diese Beziehungsebene zwischen Gott und mir gar nicht gibt. Aber ich kann nicht anders. Ich muss meine Fragen und Anfragen und Zweifel formulieren, in Worte fassen, zum Ausdruck bringen – und weil ich laut nun mal (bis jetzt noch nicht) mit mir selbst rede, werden es Gebete. Dafür bin ich dankbar!

Ich habe Zeit. Druck ist mein größter Gegner, wenn ich mich mit etwas aus meinem Leben beschäftige. Deshalb dauern sie solange sie dauern. Bis jetzt sind sie immer irgendwann gegangen. Wobei für mich Zweifel nicht bedeutet, dass sich meine Fragen klären, sondern, dass sie mich nicht mehr so unruhig machen. Das Gegenteil von Zweifel ist bei mir nicht Nichtzweifel, sondern innere Ruhe über unbeantwortete Fragen. Und dass ich mir diese Zeit lassen kann, dafür bin ich dankbar.

Ich habe eine Freundin, die auch immer wieder an Gott zweifelt. Die wird direkt kontaktiert und war letztes Wochenende da. Vielleicht gilt geteiltes Leid ist halbes Leid auch für die Zweifel. Jedenfalls tut das Gespräch mit ihr gut, obwohl wir auf überhaupt keine tröstlichen Antworten kommen. Für diese Freundin bin ich sehr dankbar!

Vertrauen. Allerdings ist das nur Spekulation. Es ist immer wieder für mich interessant wahrzunehmen welche Lebenssituationen und Geschichten mir Menschen anvertrauen. Vielleicht, weil ich durch meine Zweifel viel weniger in richtig oder falsch denke, sondern eher hoffe, dass Gott mit meinem Gegenüber einen Weg geht, so wie er mit mir einen Weg zu gehen scheint und Perfektion dabei scheinbar nicht sein Ziel ist. Vielleicht sind es die Zweifel, die mich gnädig machen im Umgang mit mir selber und damit auch im Umgang mit anderen. Wenn es so ist, was ich nicht beweisen kann, bin ich dafür dankbar.

Meine Gedankenbücher (Tagebücher). Ich liebe sie und bin so dankbar lesen zu können, wie ich Gott in meinem Alltag erlebe, auch wenn ich es gerade gar nicht glauben kann.

Ich habe aufgehört meinen und den Glauben von anderen zu beurteilen. Natürlich sind solche Beurteilungen immer überflüssig, aber lange habe ich unbewusst Kategorien in meinem Kopf gehabt. Die sind mit der Zeit und als ich begann meinen Zweifeln zuzuhören verschwunden. Dafür bin ich dankbar!

Mein Mann. Es ist nicht nur so, dass mein Mann Christ ist, sondern auch Pastor. Er könnte ganz anders auf meine Zweifel regieren. Aber ich kann immer mit seinem Verständnis rechnen. Viele meiner Gedanken kennt er auch, aber bei ihm rufen sie keine Zweifel an Gott hervor. Vorletztes Wochenende saßen wir zusammen und er erzählte mir von einem Mann, der in seinem Land zum Glauben an Gott kam und sich dann hierher auf den Weg machte, weil der christliche Glaube in seinem Land verboten ist. Hier „kam“ er nie so richtig an. Sein Wunsch ist, zurück in sein Land zu gehen, weil er Gott nicht „gefunden“ hat. Er ist enttäuscht, frustriert und desillusioniert. Wieso begegnet Gott ihm nicht auf die Art und Weise wie der junge Mann das braucht? Das verstehe ich überhaupt nicht! Übrigens ist es nicht leicht für ihn zurück zu gehen, sein Heimatland macht es Zurückkommern echt schwer… Für meinen Mann bin ich sehr dankbar, übrigens nicht nur, wenn ich unter Zweifeln leide.

Rückzug. Das ist mein Umgang. Ruhe, keine theologischen Bücher, keine Predigten… Ich höre immer wieder in Predigten oder Artikeln von anderen, welche übernatürlichen Dinge sie mit Gott erlebt haben oder erleben. Früher habe ich ihre Berichte immer in Frage gestellt oder bin frustriert aus solchen Vorträgen in meinen Alltag zurückgekehrt. Heute glaube ich zu glauben, dass sich Gott Menschen auf unterschiedliche Art und Weise zeigt oder Dinge in ihrem Leben wirkt. Mit mir geht er Prozesse, jeden Schritt einzeln. Also brauche ich den Rückzug, weil es mich manchmal traurig macht, dass andere so viel „offensichtliches“ mit Gott erleben, während meines auch ganz schnell widerlegt werden könnte. Aber ich bin dankbar, dass ich spüre was mir gut tut und was ich getrost weglassen kann.

Routinen und Rituale. Im Zweifel halte ich mich daran fest oder halten sie mich fest? Heute Morgen in aller Frühe mit dem Kaffee auf dem Balkon und dem Vogelgezwitscher lauschen. Ganz einfach und immer schön – die Stille.

Ich halte mich an Bibelverse wie: “ Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ Und hoffe, dass Jesus genau so gnädig mit mir umgeht, wie mit anderen Menschen in der Bibel. Ich liebe alle Geschichten, die mit Unsicherheit und Zweifeln zu tun haben. Natürlich sehe und lese ich, dass Jesus immer wieder sagt: „Dein Glaube hat dir geholfen“, aber ich stimme ein in das Gebet eines Vaters in der Bibel: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“ Es ist mir zwar echt unangenehm, dass meine Zweifel eine weitaus weniger schwierige Ausgangssituation haben als bei diesem Mann (Markus 9,17-29). Aber trotzdem sind sie da und nicht einfach wegzureden. Für bestimmte Bibelverse bin ich sehr dankbar, auch wenn ich ganz viele Texte der Bibel nicht verstehe.

Mir geht es in diesen Zeiten nicht unbedingt schlecht. Ich weiß, dass klingt alles eher mitleidig, aber ich nehme grundsätzlich, wenn ich verunsichere, egal wann und wie eine beobachtende Position ein und frage mich, was das gerade mit mir macht, wieso es sich so anfühlt, was ich daraus lerne, welche Auslöser es gibt… Und so weiter. Auch in den Zweifeln reflektiere ich mich. Dafür bin ich dankbar.

Martin Schleske, tatsächlich ist er ein Autor, der zu allen möglichen Themen einen Gedanken hat, der mich tröstet. Genau das machen seine Bücher und Vorträge, sie trösten. Ich zitiere dankbar aus seinem Buch „Herztöne“: „Unsere Fragen bezeugen, was wir von Herzen suchen. Wie kann Gott uns lehren, wenn wir keine Fragen haben? Nur das fragende Herz ist weich. Denn die Fragen machen den inneren Menschen unsicher. Nur die Unsicherheit aber macht ihn formbar. Wie sollte der Himmel je einen festen Glauben formen? Er würde zerbrechen.“

Bin ich zweifelnde Gläubige oder glaubende Zweiflerin? Ich weiß es nicht. Aber ich kann darüber reden und nachdenken und komme immer wieder zu dem Schluss: Glaube ist und bleibt ein Geheimnis. Er ist weder mess- noch fassbar und in Worten wirklich schwer zu beschreiben. Aber mein Ziel habe ich vor Jahren in einer Zweifelzeit schriftlich formuliert und es ist mir vor Augen: „Ich will an Gott glauben.“

Dankbarkeit nimmt mir die Zweifel nicht, aber sie nimmt mich, auch in dieser Zeit, an der Hand: „Wofür und worin kannst du heute dankbar sein?“

Diese wunderschöne Pfingstrose habe ich bei meinem letzten Vortrag geschenkt bekommen. Und mehrere Knospen dazu. Sie ist mittlerweile am verblühen und die nächste Knospe geht auf. So wunderschön und tröstlich…es geht immer weiter. Etwas verblüht, etwas Neues entsteht… vielleicht auch beim Glauben und Zweifeln.

schöne Sätze

Ich liebe schöne Sätze. Schön im Sinne von inspirierend, zum Nachdenken anregend, die in mir etwas auslösen, resonieren… Deshalb habe ich mich vor ein paar Wochen so gefreut als mein Mann nach ein paar Tagen, an denen er unterwegs war, nach Hause kam und mir ein ganz dünnes hübsches Heft mitbrachte. Es hat weiches, ganz dünnes Papier, super klein, super handlich und ist super um darin Sätze festzuhalten. Nicht die Zitate, die ich auf Pinterest pinnen kann, die von berühmten Weisheitslehrern stammen, sondern Sätze, die ich aus Büchern sammle oder in einem Artikel finde, die in einer Diskussionsrunde fallen gelassen werden oder ich in meinem Alltag aufschnappe. Heute ist es der Satz: „Beim Reisen geht es nicht darum, sich in der Welt zu bewegen, sondern von der Welt bewegt zu werden, berührt und verändert.“ von Meike Winnemuth aus dem Buch – Bin im Garten-. Oder von Martin Schleske: „Du lebst im Wollen und nicht im Wachsen! Darum kannst du dich an deinem Werdegang nicht freuen.“ Oder von einem Kollegen meines Mannes, mit dem ich über das Thema Alter ins Gespräch kam und er den Satz formulierte: „Im Alter werden die Grenzen enger. Die Kunst ist in engen Grenzen leben zu lernen.“ Das Heft passt perfekt in meine Handtasche, zwischen die Seiten eines Buches, einsatz- und griffbereit und hält all die wunderbaren Sätze fest und ich liebe es schon jetzt immer mal wieder darin zu stöbern. Es gibt so viele wunderbare Menschen mit weisen Gedanken… Dafür bin ich heute dankbar.